John Rawls „ Jede Person hat eine auf Gerechtigkeit begründete Unverletzlichkeit, die selbst nicht durch das Wohl der Gesellschaft aufgehoben werden kann.“
Biografie
- John Borden (Bordley) Rawls: * 21. Februar 1921 in Baltimore/Maryland USA
- 2. von 5 Kindern, zwei seiner Geschwister starben an Hirnhautentzündung
- Vater William Lee Rawls war erfolgreicher Steueranwalt und Mutter Anna Abell Stump Frauenrechtlerin
- nach Schule 1939 bis 1943 Philosophie Studium an der Princeton University und schloss mit Bachelor of Arts ab
- später Eintritt in Militär und Einsatz im Pazifik als Infanterist wo er auf Neuguinea, den Philippinen und in Japan eingesetzt wurde
- besuchte Hiroshima nach dem Abwurf der Atombombe
=> 1949 lehnte Offizierskarriere, die ihm angeboten wurde, ab und verließ Armee
- von 1946 bis 1950 zurück in Princeton und machte seinen Doktortitel im Fach Moralphilosophie
- heiratete 1949 Margret Fox
- 1951 erschien erster staatsphilosophischer Aufsatz ("Outline of a Decision Procedure for Ethics")
- lehrte in Princeton bis 1952, als er ein Fulbright-Stipendium für das Christchurch College der englischen Oxford University erhielt
- dort geriet er unter Einfluss der liberalen politischen Theoretiker
- nach Rückkehr in die Vereinigten Staaten arbeitete er zunächst als Assistent, später als Professor an der Cornell University, die ihm 1962 eine Philosophieprofessur antrug
- lehrte 1959 bis 1961 an Massachusetts Institute for Technology (MIT) in Boston
- 1962 nahm er Lehrtätigkeit als Professor Harvard University auf wo er für fast vierzig Jahre blieb
- "A Theory of Justice" ("Eine Theorie der Gerechtigkeit") entstand und kam 1971 an die Weltöffentlichkeit
=> untersuchte, wie unter Bedingungen eines liberal-demokratischen Staates eine allgemeine Gerechtigkeit hergestellt werden kann- Ziel war Grundsätze für eine gerechte Gesellschaftsordnung zu entwickeln, die von allen Gesellschaftsmitgliedern als verbindlich akzeptiert werden können
- greift auf klassische Methoden wie die Idee des Gesellschaftsvertrags zurück und stellt die Frage nach einer guten Ordnung in den Mittelpunkt seiner Überlegungen
- durch dieses Werk und die anschließende Diskussion erlangte er weltweite Anerkennung als Staatsphilosoph
- 1991 folgte seine Pensionierung
- wurde vielfach für seine Werke ausgezeichnet
- 1995 erlitt er den ersten von mehreren Schlaganfällen, die ihn bei seiner Arbeit stark behinderten => schaffte es, "The Law of Peoples" abzuschließen, das seine wesentlichen Standpunkte zum Völkerrecht zum Inhalt hat
- er starb am 24. November 2002 in Lexington, Massachusetts
Menschenbild und Gesellschaftsvertrag
- Rawls geht vom vernunftbegabten Menschen aus, der in erster Linie seine eigenen Interessen verfolgt
- eine gerechte Gesellschaft muss auf Übereinstimmung freier, gleichberechtigter und rational handelnder Individuen beruhen
- die Kriterien, die eine gerechte Gesellschaft erfüllen muss, versucht Rawls mithilfe eines Gedankenexperiments festzustellen
=> in einer herrschaftsfreien Ausgangssituation (Urstand) wird über die zukünftigen grundlegenden Prinzipien der Gesellschaft beraten, z.B. ob es Arme und Reiche geben oder wie die gesellschaftliche Stellung von Mann und Frau aussehen soll Ziel: zu erfahren für welche Grundsätze sich freie und vernünftige Menschen in einer fairen und gleichen Ausgangssituation in ihrem eigenen Interesse entscheiden würden
Annahmen
- Gruppe von Personen, die miteinander die Grundstruktur ihrer Gesellschaft, ihre Gerechtigkeitsprinzipien festlegen wollen
- Interessenharmonie: Zusammenarbeit ist wünschenswert und möglich
- Interessenkonflikte: Wie werden die Früchte der Zusammenarbeit verteilt?
- die Personen sind Rational und auf die Erfüllung der eigenen Interessen bedacht, jedoch frei von Neid
- der Schleier des Nichtwissens:
Die Personen besitzen nur allgemeines Wissen, kein individuelles Wissen, d. h. sie wissen nichts über sich selbst, ihre eigene soziale Stellung, ihre Interessen, Kenntnisse und Talente usw.
Verfahren
- einstimmige und verpflichtende Wahl aus einer Liste von verbreiteten Gerechtigkeitsvorstellungen, die den formalen Prinzipien der Allgemeinheit, Unbeschränktheit, Öffentlichkeit, Rangordnung und Endgültigkeit genügen
Warum würden sich die Menschen im Urzustand für die beiden Gerechtigkeitsprinzipien entscheiden?
- Sicherung des Grundgutes der Freiheit für alle durch das erste Prinzip
- Vorgehen nach der Maximin-Regel: Sicherstellung der Annehmbarkeit der schlechtest möglichen Position
- allgemeine Anerkennung, da jeder Vorteile daraus zieht, dadurch auch Stabilität des Systems
- fördert die Selbstachtung, da jeder Mensch als Selbstzweck, und nicht als Mittel gesehen wird (im Gegensatz zum Utilitarismus)
- Ergebnis dieses Denkexperiments ist, dass jedes Individuum umfassende persönliche und politische Rechte haben muss (z.B. Recht auf freie Meinungsäußerung, persönliches Eigentum, politische Mitbestimmung, dieselben Chancen wie andere, Ausbildung, Arbeit)
- persönliche Freiheit darf nur begrenzt werden, wenn dies zur Sicherung der Freiheit anderer notwendig ist
Die zwei Grundsätze der Gerechtigkeit als Fairness
Nach Rawls einigen sich die Personen auf zwei Prinzipien, die in der zukünftigen Gesellschaft allen gesetzgeberischen und politischen Handlungen zugrunde gelegt werden.
Grundsatz: Jedermann hat gleiches Recht auf das umfangreichste Gesamtsystem gleicher Grundfreiheiten, das für alle möglich ist. - politisch-rechtliche Gleichheit - Maximierung der individuellen Freiheit
Wesentliche Grundfreiheiten: politische Freiheit (Wahlrecht), Rede- und Versammlungsfreiheit, Unverletzlichkeit der Person, Recht auf Eigentum
Grundsatz: Soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten sind so zu gestalten, dass vernünftigerweise zu erwarten ist, dass sie zu jedermanns Vorteil dienen, und sie mit Positionen und Ämtern verbunden sind, die jedem offen stehen - Chancengleichheit - jedermanns Vorteil: Differenzprinzip
Begründung warum sich die Menschen für diese beiden Gerechtigkeitsprinzipien entscheiden:
das erste Prinzip garantiert die Sicherung der Freiheit für alle, was ein zentrales Anliegen aller Menschen ist, zum anderen stellen sie fest, dass auch die schlechtest mögliche Position in der Gesellschaft noch annehmbar ist, was Akzeptanz des zweiten Prinzips bedeutet
Rawls' Beitrag zur politischen und Moralphilosophie
- gilt als wesentlicher Vertreter der liberalen politischen Philosophie
- Gerechtigkeit ist für Rawls nicht nur eine Verfahrensgerechtigkeit, sondern in erster Linie die erste Tugend sozialer Institutionen. Wenn noch so gut funktionierende Gesetze oder Institutionen ungerecht sind, müssen sie abgeschafft oder abgeändert werden
- wenn die Grundstruktur und die Institutionen einer Gesellschaft gerecht sind, erwerben ihre Mitglieder nach Rawls den Gerechtigkeitssinn, d.h. den Wunsch, gerecht zu handeln und die Gesellschaft zu erhalten
- Entwicklung des Gerechtigkeitssinns findet statt über soziales und moralisches Lernen, Gefühle der Freundschaft, des Vertrauens, der Schuld
=> nach Rawls ist Gerechtigkeitssinn elementarer Bestandteils der Menschlichkeit
Ergebnis: wohlgeordnete Gesellschaft, wohlgeordneter Staat entstehen, in denen sich Bürger freiwillig an die von den Institutionen gesetzten Regeln halten, weil diese nur das fordern, wozu die Bürger schon bei der Gründung ihre Einwilligung gegeben haben
- gesellschaftliches Wohl hängt nach Rawls unmittelbar vom Grad der Befriedigung des Einzelmenschen ab
Quellen:
- www.wikipedia.de
- Ethik 12, Konkordia
- Projekt Leben, Klett
- Abiturwissen Politik, Stark
- John Rawls: "Eine Theorie der Gerechtigkeit"
> Bewertung: 12 Punkte (entspricht in einfacher Benotung einer 2+)
> Vortrag gehalten am 14.10.05 im Grundkurs Ethik (Klasse 12)
> Dauer: ca. 30 Minuten
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