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Literatur der BRD

Die Literatur der BRD
(1949-1990)

Historischer Hintergrund

  • Entwicklung der ursprünglich vier Besatzungszonen zu zwei getrennten Staaten
  • Kalter Krieg zw. USA u. UdSSR, atomares Wettrüsten
  • 1948 Währungsreform in den Westzonen
  • Verkündung des Grundgesetzes am 23.Mai 1949
  • 28.09.1949 Gründung BRD
  • Wiederaufbau unter Konrad Adenauer
  • Anschluss der BRD an "westliche Kulturnation" und europäische Integration; Eingliederung der Bundesrepublik in wirtschaftliches und politisches Sytem des Westen -> tiefe Irritation dieser Entwicklung
  • 1950 Beginn des Korea-Krieges
  • 1961 Mauerbau
  • 1962 Kuba-Krise
  • Veranstaltungen zwischen Kulturschaffenden in Ost- und Westdeutschland wurden kritisch bewertet und unterbunden
  • ständige Argumentationen gegen Osten blieben nicht ohne Wirkung
  • Westdeutsche Autoren reagierten zunehmend zurückhaltender auf Einladungen zu gesamtdeutschen Treffen oder resignierten da sie die "Boykotthetze" nicht mehr aushielten
  • Franz Fühmann (1922-1984) notierte den Eindruck, dass alle den "stillen Terror gegen alle Schriftsteller in Westdeutschen (bestätigten), die sich zur Einheit der dt. Literatur bekennen."
  • politische Abgrenzungstendenzen in 50er Jahren sehr stark

Die Gruppe 47

  • markanten Punkt bildet 1947 das Verbot der Zeitschrift "Der Ruf-Unabhängige Blätter der Jungen Generation" und die Gründung der "Gruppe 47"
  • Hans Werner Richter und Alfred Andersch gründeten im Jahre 1946 die Zeitschrift "Der Ruf"
  • darin wurden auch Artikel veröffentlicht, die für eine sozialistische Demokratie eintraten und die Besatzungspolitik der Siegermächte kritisierte -> wurde daraufhin verboten
  • die 2 Autoren gaben nicht auf und trafen sich am 10. Sep 1947 mit anderen Autoren, um die Gründung einer neuen Zeitschrift zu besprechen und um "die Junge Literatur zu sammeln und zu fördern" -> mit der Zeitschrift klappte es nicht, aber den Treffen folgten viele
  • anregen ließen sich die Gründer von der spanischen Gruppe 98, die nach dem verlorenen Spanisch-Amerikanischen Krieg (1898) einer Erneuerung der Literatur und Gesellschaft in Spanien erreichen wollten
  • die einflussreichste literarische Gruppe in Westdeutschland und der BRD bis in die 60er Jahre
  • Treffen ein bis zweimal im Jahr -> man lud einen Schriftsteller zu einer Lesung ein um dann das Gehörte einer Kritik zu unterziehen; jedes Jahr kamen neue Autoren dazu
  • Ziel war neben der Wiederbelebung einer jungen deutschen Literatur die Verleihung des Literaturpreises
  • auf den Treffen lasen u.a.: Ilse Aichinger, Heinrich Böll, Ingeborg Bachmann, Wolfgang Hildesheimer, Paul Celan, Günter Grass
  • wer auf dem "Feuerstuhl" saß, hatte 30 min Zeit aus einem neuen Text zu lesen, dann folgte Schonungslose Kritik, wobei der Leser sich nicht verteidigen durfte
  • wer "Feuertaufe" bestand oder sogar Preis gewann, machte Schritt auf die literarische Karriereleiter
  • Gruppe galt als unbarmherzig, produktiv, ermutigend, freundschaftlich und ausgrenzend zugleich
  • ebenso wie die Emigranten ignorierte die Gruppe 47 Autoren der Inneren Emigration
  • existierte bis 1967 -> nach 1967 keine nennenswerten Treffen mehr, aber man traf sich privat 1972 in Berlin noch einmal
  • endgültige Auflösung 1977 in Saalgau bei Ulm

Literarische Entwicklung

50er Jahre
  • das Leben drehte sich um Wachstum, Konsum und Wohlstand
  • die Vergangenheit wurde verdrängt und von der Politik ließ man die Finger
  • Schriftsteller begannen die aufkommende Wohlstandsgesellschaft in Deutschland kritisch zu betrachten und sie in Satiren und Grotesken zu verarbeiten
  • im Schatten von Atombombe und Korea-Krieg äußern sich Ängste vor einem Dritten Weltkrieg, aber auch das Misstrauen gegen die vor allem in Westdeutschland sich durchsetzende Wirtschaftswunder-Mentalität
  • Intellektuelle wehrten sich gegen den optimistischen Glauben an das Wirtschaftswunder
  • Stilistisch gab es einen Rückgriff auf den inneren Monolog, die mehrperspektivische Darstellung und auf die Überlagerung von Zeit- und Bewusstseinsgeschichten
  • Zeitgenössische Autoren haben der Familie in diesen Jahren große Instabilität zugesprochen und gaben ihren Befürchtungen Ausdruck, dass ein Verfall der "Familie" bevorstünde. Sie stützten ihre Schlussfolgerungen auf die krisenhaften innerfamiliären Zustände aufgrund der gefallenen Männer oder auf die oft misslingende Wiedereingliederung des aus dem Krieg heimgekehrten Mannes in die selbständig und ihm fremd gewordene Restfamilie
  • Literatur dieser Zeit macht deutlich, wie wenig diese rasante äußere Entwicklung der inneren Verfassung der Bevölkerung angemessen war
  • Frage nach der Schuld der Deutschen, inwieweit sie den Völkermord stillschweigend billigten
Literarische Themen der 50er Jahre
  • Kritische Reflexion von NS-Zeit und Krieg (eher kritische Reflexion der Verhältnisse und das Nachwirken der Nazi-Ideologien in den Köpfen der Menschen)
  • Bsp.: Günter Grass "Die Blechtrommel" (1959)

    -> erzählt die Geschichte des Oskar Mazerath aus Danzig, aus der Sicht des Dreißigjährigen, der in einer Heil- und Pflegeanstalt lebt, wird seine und die Geschichte seiner Familie erzählt: Von der kaschubischen Großmutter im Jahr 1899, wie Oskars Großvater Josef Koljaiczek Zuflucht vor den Feldgendarmen unter den Röcken der Großmutter findet und wo Oskars Mutter gezeugt wird, von Oskars Kindheit, als der mit 3 Jahren beschließt, nicht mehr zu wachsen. Er will Trommler sein, und wenn er sich wehrt, tut er das mit seiner Stimme, die Glas zerbrechen lässt. Mit seiner Trommel bringt er die Marschmusik der Danziger Nazis aus dem Takt, mit seiner Stimme lässt er gläserne Theaterfassaden zerspringen. Oskar, der Anarchist, wehrt sich mit der Naivität eines Dreijährigen gegen die Umwelt, immer die Sehnsucht im Blick, in den Mutterschoß zurückkehren zu können.

    Alfred Andersch "Sansibar oder Der letzte Grund" (1957)

    -> ist die Geschichte einer Flucht aus Nazideutschland: Der junge Kommunist Gregor hilft einem Pfarrer, eine Skulptur, den "Lesenden Klosterschüler", den die Nazis für entartete Kunst halten und vernichten wollen, aus Deutschland heraus zu schmuggeln. Dabei trifft er auf Judith, die versuchen will, über die Ostsee ins neutrale Schweden zu flüchten. So hilft der Parteiarbeiter Gregor entgegen seinem Parteiauftrag dem Pfarrer Helander und dem jüdischen Mädchen.

  • Sichtung der Nachkriegszeit -> Bsp.: Wolfgang Koeppen "Tauben im Gras" (1951); Heinrich Böll "Und sagte kein einziges Wort" (1953)
  • Vertriebenenproblematik
  • Unkritischer Zeitroman
  • Historische Themen
Mittel
  • Naturlyrik (Günter Eich, Wilhelm Lehmann)
  • hermetische Lyrik (Paul Celan, Ingeborg Bachmann) Hermetik= Verschlossenheit -> verschließt sich vor Alltagsverständnis der Sprache u.entwirft eine politische Gegenwelt)
  • konkrete Poesie (Helmut Heissenbüttel, Ernst Jandl, Eugen Gomringer)
  • Absurdes Theater (Wolfgang Hildesheimer)
  • Höspiel kommt als neue Gattung dazu (Günter Eich)
Konkrete Literatur: bezeichnet eine Literatur, die Worte, Buchstaben, Satzzeichen aus dem Zusammenhang der Sprache löst und sie dem Leser direkt gegenüberstellt (Montage, Variation, Isolation, Reihung, Wiederholung, ungewöhnliche grafische Anordnung)

60er Jahre (Politisierung der Literatur)
  • Aufbrechen der unbewältigten Vergangenheit, die Selbstsicherheit der Aufbaujahre geht verloren
  • Aufgrund der Identitätsunsicherheit, auch bei den Intellektuellen, setzen sich die Autoren in ihren Werken stärker mit der aktuellen Politik auseinander
  • nach 1967 viele innenpolitische Probleme, zunehmende Politisierung der Literatur und verstärktes öffentliches Engagement der Schriftsteller
  • Kritik an Konventionellen Denkweisen und sollten durch das Spiel mit sprachlichen Strukturen verändert werden
  • Kennzeichnend ist die entschiedene Parteinahme gegen Herrschaft, Unterdrückung und Ausbeutung
  • Studentenunruhen 1968; Widerstand gegen Militarisierung der Gesellschaft, konservative Proffesoren
  • Klassenkampf, Studentenrevolte und immer wieder der Krieg in Vietnam stehen thematisch im Mittelpunkt
  • Wichtige Vertreter:
    • Siegfried Lenz mit "Deutschstunde"
    • Uwe Johnsons mit "Das dritte Buch über Achim"
    • Friedrich Dürrenmatt "Die Physiker"
    • Günter Grass "Katz und Maus" (1961), "Hundejahre" (1963)
    • Max Frisch "Andorra"(1961) -> ein Modell an dem Frisch zeigen will, wie anfällig Menschen für Vorurteile sind und wie leicht sie zu manipulieren sind
Gruppe 61 (1961-1972)
  • bildete sich 1961 im bewussten Gegensatz zur Gruppe 47
  • wurde am 31. März 1961 von dem Dortmunder Bibliotheksdirektor Fritz Hüser, dem Schriftsteller Paul Polte, dem Gewerkschafter Walter Köpping und weiteren Schriftstellern gegründet
  • Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt
  • geistige Auseinandersetzung mit dem technischen Zeitalter
  • setzte es sich zum Ziel, schriftstellerisch tätige Arbeiter auf der einen und Lektoren, Kritiker und Journalisten auf der anderen Seite zusammenzubringen und dem Fehlen der schriftstellerischen und künstlerischen Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt und ihren sozialen Problemen entgegenzuwirken
  • Mitglieder: Max von der Grün, Erika Runge, Günter Wallraff, Peter-Paul Zahl, Angelika Mechtel, Josef Reding
  • löste sich Anfang der 70er auf und aus ihr ging der Werkkreis Literatur der Arbeitswelt hervor
Themen der 60er Jahre
  • Leben im NS- Reich
  • Zweiter Weltkrieg Holocaust
  • Menschen in Isolation, Krisensituation, Vereinsamung
  • Kritischer bzw. satirischer Blick auf die Wirklichkeit
  • Persönliche Schuld des Einzelnen
  • Beziehungsprobleme
  • Historische Themen
  • Deutsche Teilung
  • Heimat als Verlust
Mittel
  • Groteske (eine übertriebene und dadurch witzige Erzählung oder Drama)
  • politische Lyrik (Enzensberger, E.Fried)
  • polit. Dokumentartheater, neues Volksstück
  • Protokoll- und Reportagenliteratur
70er und 80er Jahre (Neue Subjektivität und Postmoderne)
  • "Neue Subjektivität"/ "Neue Innerlichkeit": bezeichnet eine Richtung in der deutschen Literatur seit den 70er Jahren, die stark subjektive und autobiografische Tendenzen aufweist -> grenzt sich ab von der stark politisierten Literatur der Zeit um 1968
  • die Zeit der großen politischen Auseinandersetzungen war vorbei
  • Literatur beschäftigte sich mit dem Privatleben, nicht mehr mit dem Zweiten Weltkrieg oder den Forderungen um die 68er
  • eigene Biografie wird zum Schreibanlass: Krankheit, eigene Empfindungen, Probleme im privaten Bereich, Erleben der geschichtlichen Abläufe, man begann die eigenen Erfahrungen darzustellen
  • Wolfgang Koeppen verarbeitete in seiner Erzählung „Jugend“ (1976) seine Erlebnisse in seiner Heimatstadt Greifswald in düsteren, melancholischen Tönen
  • auch Gabriele Wohmann umkreist in vielen ihrer Werke das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern
  • Lyrik der Neuen Innerlichkeit berichtet beiläufig Privates; persönliche Erfahrungen werden in den größeren gesellschaftlichen Zusammenhang gestellt -> diese Lyrik ist gekennzeichnet durch ihre Einfachheit, Direktheit und Authentizität ; Schlichtheit der Sprache, Metaphernarmut -> Alltagslyrik war auch Abgrenzung zur hermetischen Lyrik der 50er Jahre
  • seit 70er Jahren stärkere Zuwendung zu historischen Themen-> Peter Härtling beschäftigt sich 1976 mit Figur Hölderlins und Wolfgang Hildesheimer mit "Mozart" (1977)
  • einer der erfolgreichsten historischen Romane wurde Patrick Süskinds "Das Parfum" (1985), die Geschichte des Mörders Jean-Baptiste Grenouille aus der Zeit 1738
  • In den 80ern mehrten sich die Stimmen gegen Umweltzerstörung und Wettrüsten (z.B. G.Grass Roman "Die Rätin")
  • Auch in der Lyrik wurde das Thema behandelt z.B. Enzensberger "das ende der eulen"
  • Nachkriegsliteratur löst sich auf und geht in die Gegenwartsliteratur über
  • Frauenliteratur: zum großen Teil Erfahrungsberichte aus dem weiblichen Alltag (Verana Stefan, Christa Reinig, Brigitte Schwaiger, Karin Struck, Gabriele Wohmann, Jutta Heinrich)
  • Werke:
    • Botho Strauß Erzählung "Die Widmung"
    • Siegfried Lenz "Heimatmuseum"
    • "Heißer Sommer" von Uwe Timm
    • H.Böll "Die verlorene Ehre der Katharina Blum"
  • Weitere Vertreter:
    • Gottfried Benn
    • Günter Wallraff
    • Eugen Kogon
    • Peter Handke
    • Wolfgang Weyrauch
    • Wolfgang Borchert "Draußen vor Kopf durch die Wand" (1977)

Quellen:
 - www.wikipedia.de
 - www.rhein-main.net
 - www.hamburger-bildungsserver.de
 - Geschichte der deutschen Literatur von Manfred Mai - Beltz & Gelberg
 - Geschichte der deutschen Literatur-v.1945 bis zur Gegenwart - Pegasus
 - DUDEN Literatur Basis Wissen Schule - Paetec
 - Zeitgenössische Literatur- Deutsche Literatur seit 1945- Cornelsen
 - Deutsche Literatur seit 1945 - ZDF

> Bewertung: 14 Punkte (entspricht in einfacher Benotung einer 1)
> Vortrag gehalten am 28.04.06 im Leistungskurs Deutsch (Klasse 12)
> Dauer: ca. 40 Minuten